Behandlung für Kinder und Jugendliche

Der Zweijährige, der nur zehn Wörter spricht, das Vorschulkind, das von Fremden kaum verstanden wird, die Neuntklässlerin, deren Biss noch nicht geschlossen ist – die Kinder und Jugendlichen, die wir behandeln, haben ganz unterschiedliche Bedürfnisse. In jedem Fall stellen wir uns auf diese ein, denn die wichtigste Voraussetzung für den Therapieerfolg ist, dass Ihr Kind motiviert und gerne kommt.

Störungen der Sprachentwicklung können im Rahmen von allgemeinen Entwicklungsverzögerungen, bei Hörstörungen, geistiger Behinderung (z. B. bei einem angeborenen Syndrom wie Morbus Down) oder frühkindlichem Autismus auftreten.

Bei etwa 6-8% der Kinder eines Jahrgangs liegt eine isolierte Störung der Sprache (Spezifische Sprachentwicklungsstörung) vor, ohne dass eine primäre Ursache gefunden werden kann. Diese Kinder  entwickeln sich in allen anderen Bereichen altersgemäß - bis auf die Sprache.

Häufig setzt der Sprechbeginn verspätet ein oder stagniert nach den ersten Wörtern. Die Kinder haben mit zwei Jahren oft die 50 Wörter-Schwelle noch nicht überschritten (Late Talker) und der Wortschatzspurt bleibt aus. Wenn im dritten Lebensjahr keine Aufholtendenz einsetzt, kann mit zweieinhalb, spätestens mit drei Jahren die Diagnose SES gestellt werden.

Meist sind mehrere sprachlichen Ebenen (Wortschatz, Sprachverständnis, Satzbau, Wortbildung, Aussprache) betroffen, es können sich jedoch sehr unterschiedliche Störungsschwerpunkte herausbilden.

 

Weltweit und auch in Deutschland steigt die Zahl der Kinder, die mit zwei oder mehr Sprachen aufwachsen. Allein in Deutschland haben über 30 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund. Dabei sind die Spracherwerbsbedingungen und Lebensumstände mehrsprachiger Kinder sehr vielfältig. Damit diese Kinder ihre Sprachkompetenz voll entwickeln können, ist ein möglichst früher Kontakt zur zweiten (oder dritten) Sprache von großem Vorteil. Beginnt der Sprachkontakt bereits vor dem zweiten Geburtstag, spricht man von einem doppelten Erstspracherwerb und die Kinder kommen im Ergebnis dem Sprachvermögen eines Muttersprachlers sehr nahe. Auch beim frühen sukzessiven Zweitspracherwerb (ab 3-4 Jahre) wirken noch viele Mechanismen des Erstspracherwerbs und die Kinder können im Idealfall in zwei bis drei Jahren, die für einen erfolgreichen Schulbesuch erforderlichen Sprachkenntnisse erwerben. Voraussetzung dafür ist jedoch ein ausreichend intensives, vielfältiges Sprachangebot in Kita oder Kindergarten, das am besten eine gezielte Sprachförderung in kleinen Gruppen einschließt.

Kinder, die mit zwei oder mehr Sprachen groß werden, haben kein höheres Risiko für eine Sprachentwicklungsstörung als einsprachige Kinder. In manchen Fällen dauert es jedoch länger, bis das Problem erkannt wird, weil die Durchführung einer Diagnostik in der Muttersprache nicht möglich ist oder weil der verlangsamte Erwerb der Zweitsprache mit mangelndem Sprachkontakt erklärt wird.

Sprachentwicklungsstörungen (SES) betreffen immer beide (alle) Sprachen, die das Kind erwirbt. Häufig waren die Kinder späte Sprecher (Late Talker). Sie fallen durch einen eingeschränkten Wortschatz, eine verzögerte oder abweichende Grammatikentwicklung und/oder Aussprachefehler in ihrer Mutter- bzw. Familiensprache auf.  Die Schwierigkeiten im Erwerb des Deutschen sind in vielerlei Hinsicht ähnlich wie bei einsprachigen Kindern mit SES.  Die Äußerungen bleiben kurz und unvollständig, Entwicklungsstufen wie z.B. die Subjekt-Verb-Kongruenz und die Verbzweitstellung im Hauptsatz werden nicht oder stark verzögert erreicht. Das Sprachverständnis ist eingeschränkt und der aktive Wortschatz im Deutschen wächst nur zögerlich.

Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Sprachentwicklung mehrsprachig aufwachsender Kinder finden Sie hier.

Aussprachestörungen sind in Deutschland der häufigste Anlass für eine logopädische Behandlung bei Kindern. Sie kommen bei ca. 16 % der Kinder zwischen 3,6 Jahren und dem Schuleintrittsalter vor.

Unterschieden werden folgende Störungsausprägungen:

  • Von einer phonetischen Störung spricht man, wenn ein Laut nicht oder nur in abweichender Form gebildet werden kann und dann in der Therapie erst korrekt angebahnt werden muss. Häufig betroffen sind die Laute /sch/, /s/ (Lispeln).
  • Bei einer phonologischen Verzögerung entspricht der Lauterwerb der erwartungsgemäßen Abfolge, wird jedoch verspätet durchlaufen z. B. wenn ein Kind mit 4,5 Jahren immer noch /r/ durch /h/ ersetzt.
  • Bei einer konsequenten phonologischen Störung liegt mindestens eine Lautersetzung vor, die nicht im normalen Spracherwerb vorkommt z. B. die Ersetzung von /t/ durch /k/ oder von /s/ durch /f/.
  • Eine Sonderform stellt die Verbale Entwicklungsdyspraxie dar, bei der die betroffenen Kinder häufig bis ins Vorschulalter hinein und auch für die eigene Familie sehr schwer verständlich bleiben. Hauptmerkmale dieser Störung sind ungewöhnliche Lautfehler und -ersetzungen, wechselnde Fehlermuster bei der Wiederholung ein und desselben Wortes und Auffälligkeiten bei der Wort- und Satzbetonung.

Bei einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung können trotz eines intakten peripheren Hörvermögens akustische Signale nicht angemessen aufbereitet und an das Gehirn weitergeleitet werden. Im Alltag sind Anzeichen dafür z. B. ungewöhnliche Reaktionen auf akustische Reize (Geräuschempfindlichkeit, die Umgebung wird als zu laut empfunden, lautes Sprechen), eine schlechte oder verlangsamte Verarbeitung von Sprache, was sich in Missverständnissen und häufigem Nachfragen äußern kann, sowie hartnäckige Aussprachestörungen und Probleme bei der Unterscheidung ähnlicher Laute.

Da eine AVS oft zeitgleich mit anderen Störungsbildern (Sprachentwicklungsstörung, Lese-Rechtschreibstörung, ADS und ADHS) auftritt, ist die Untersuchung aufwändig und erfordert viel Erfahrung sowohl, was die Auswahl der Tests als auch die Interpretation der Ergebnisse anbelangt. Sie wird von speziell ausgebildeten HNO-Ärzten, Phoniatern oder auch sonderpädagogische Einrichtungen für Hörbehinderte bei Kindern ab ca. 7 Jahren durchgeführt.

Die LRS gehört mit einer Auftretenshäufigkeit von 5-8% zu den häufigsten umschriebenen Entwicklungsstörungen. Bei Kindern mit einer Sprachentwicklungsstörung ist das Risiko, eine LRS zu entwickeln, deutlich erhöht und umgekehrt sind bei leseschwachen Schülern in sehr vielen Fällen auch Defizite in sprachlichen Bereichen (Wortschatz, Grammatik, Sprachverstehen) und bei der Hörverarbeitung von Lauten nachweisbar.

In der logopädischen LRS-Therapie steht das Nacharbeiten dieser sprachlichen Rückstände, das Training der phonologischen Bewusstheit und die Förderung von Lautwahrnehmung und Lautunterscheidung zunächst im Vordergrund.

Die Unterstützung der Lautsynthese und das genaue, einzelheitliche Lesen (alphabetische Route) bilden einen weiteren Schwerpunkt.

Stottert ein Kind, so fallen im Sprechfluss unfreiwillige Wiederholungen von Lauten, Silben und einsilbigen Wörtern („Da- da- da- ist ein großer Hund.“) oder auch Dehnungen und Blockierungen („Wwwwwo ist mein -------Buch?“) auf.

Stottern ist eine Störung des Sprechens, die bei etwa 5 Prozent der Kinder während der Sprachentwicklung auftritt und länger als 6 Monate andauert. Spontane Rückbildungen sind gerade bei jungen Kindern häufig.

Eine frühzeitige Beratung ist grundsätzlich empfehlenswert und immer dann geboten, wenn die Symptome Eltern und/oder Kind belasten und verunsichern oder das Kind durch Mitbewegungen und Anspannung gegen die Symptomatik ankämpft.

Vor einer Behandlung werden immer verschiedene Parameter herangezogen, um zu entscheiden, ob das Kind eine therapeutische Unterstützung braucht.

Weiterführende Informationen finden Sie im Flyer des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte zum Thema Stottern hier.

Als myofunktionelle oder auch orofaziale Funktionsstörung bezeichnet man eine Störung des Muskelgleichgewichts im Mund- und Gesichtsbereich. Das Zusammenspiel, die Koordination oder der Spannungsgrad von Lippen, Wangen und Zunge sind betroffen. Häufig zeigen sich ein inkompletter Mundschluss, vermehrter Speichelfluss und eine unphysiologische Zungenlage in Ruhe oder ein Zungenvorstoß beim Schlucken. Dies kann sich auf die Atmung (Mundatmung), die Lautbildung (Lispeln, verwaschene Aussprache) sowie auf die Zahn- und Kieferstellung auswirken.

Meist sind es Zahnärzte oder Kieferorthopäden, die die Problematik feststellen und eine logopädische Behandlung verordnen.

Wenn der Stimmklang eines Kindes über einen längeren Zeitraum beeinträchtigt ist, wenn es anhaltend heiser, angestrengt oder gepresst spricht, liegt eine kindliche Stimmstörung oder Dysphonie vor. Die Belastbarkeit der Stimme ist manchmal eingeschränkt und die Tonhöhe verändert sich. Kindliche Dysphonien gehen oft mit einer Hyperfunktion, d.h. einer erhöhten Muskelspannung einher und können zu organischen Veränderungen im Kehlkopfbereich z. B. Stimmbandknötchen führen.

Gerade im Kindergarten- und Grundschulalter ist der Anteil der stimmauffälligen, d.h. über lange Zeiträume heiseren Kinder hoch. Jungen sind dreimal häufiger betroffen als Mädchen. Neben einem ungünstigen Stimmgebrauch der Kinder spielen soziale, psychische und familiäre Faktoren eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Dysphonie. In der Behandlung ist neben der Beratung der Eltern die Arbeit mit den Kindern in den Bereichen Körperspannung und Körperwahrnehmung, Atmung und Stimmgebung maßgeblich.